Kein Zweifel, KI polarisiert: Die einen sehen in ihr ein ganzes Universum neuer Möglichkeiten, die anderen befürchten nichts Geringeres als den Untergang der Menschheit. Robert Wieland und sein Sohn Dominik gehören eindeutig zur erstgenannten Gruppe – und dafür haben sie gute Gründe. Ihr gemeinsam gegründetes Start-up i2a (offizielle Firmierung: innovation2activation GmbH) befasst sich damit, wie KI die Kommunikation zwischen Software und Menschen auf eine wirklich „menschliche“ Ebene bringen kann.
Als Paradebeispiel nennt Robert Wieland die klassische Form von Kundenbefragungen, wie wir sie alle kennen. Sie sind in aller Regel stark schematisiert und zwingen die Antworten in ein starres Korsett, statt einen echten Dialog zu ermöglichen. Das sieht dann etwa so aus: „Wie zufrieden waren Sie mit der Bearbeitung Ihres Anliegens?“ Und zum Antworten steht eine Skala von eins bis zehn zur Verfügung. Die KI, die Robert und Dominik Wieland entwickelt haben, lässt diese Form des Kundendialogs mehr als alt aussehen – man kann sie ohne Weiteres als Revolution bezeichnen.
Am Anfang stand klassische Marktforschung
Aber der Reihe nach. Robert Wieland, Diplombetriebswirt mit stark mathematischer Orientierung, kommt ursprünglich aus der Markt- und Meinungsforschung. Bis 2021 war er bei dem Umfrageinstitut Kantar (ehemals: TNS Infratest) beschäftigt, zuerst in München, ab 2013 dann als Chief Innovation Officer (CIO) bei der Muttergesellschaft mit Firmensitz in London. Auch wenn er sich nach eigenen Worten in der britischen Metropole sehr wohlfühlte, blieb er seiner bayerischen Heimat stets verbunden – jedes Wochenende verbrachte er dort bei seiner Familie und irgendwann spürte er, dass es Zeit war, zurückzukehren und eigene Ideen zu verwirklichen. Sein Grundgedanke: Wieso müssen Umfragen und Kundendialoge immer nach dem gleichen, vorhersehbaren Schema ablaufen? Könnte man das mittels künstlicher Intelligenz nicht grundlegend ändern und verbessern?
Vater, Sohn und Kreissparkasse – ein Dream-Team für den Firmenstart
Gedacht, getan: Als Glücksfall erwies sich, dass Wielands Sohn Dominik bei seinem Master-Studium im Bereich Innovationsmanagement und KI von ganz ähnlichen Interessen geleitet war. Er hatte sogar schon mit der Entwicklung eines Chatbots begonnen, dessen Konzept in die angedachte Richtung ging. So ließ er sich von der Idee einer eigenen, gemeinsamen Firma sofort begeistern und zwischen Bachelor- sowie Masterprüfung gründeten Vater und Sohn das Unternehmen i2a. Der zweite Glücksfall bestand darin, dass Wieland senior einige der besten Leute aus dem Kantar-Team in Südafrika für das Projekt gewinnen konnte. Gemeinsam schufen sie die Voraussetzungen, um mittels selbstlernender Software die Vision eines „menschlichen“ Dialogs Wirklichkeit werden zu lassen.
Fast wäre das Projekt allerdings kurz vor dem Ziel gescheitert, denn die renommierte Bank, an die sich Robert Wieland als Erstes wandte, verstand den Businessplan nicht und leistete keine Unterstützung bei den Finanzierungsvorbereitungen. Daraufhin besann sich Wieland auf seine langjährige private Kundenbeziehung zur Kreissparkasse München Starnberg Ebersberg – und siehe da: In Firmenkundenberaterin Melanie Lettmair fand er sofort eine aufgeschlossene Gesprächspartnerin. Sie begriff nicht nur, welche Chancen sich für das junge Unternehmen boten, sondern beriet Robert Wieland auch beim Feinschliff des Businessplans und half ihm so, einen Gründungskredit der Förderbank LfA zu bekommen. „Eine tolle Anschubfinanzierung“, freut sich Robert Wieland noch immer. „Und natürlich ist es auch ein tolles Erlebnis, mit dem eigenen Sohn eine Firma zu gründen.“
Der Dialog mit dem Chatbot wirkt lebensecht
Aber was genau ist der Kern der i2a-Geschäftsidee? „Was wir anbieten, kann man fast mit einem Gespräch beim Psychotherapeuten vergleichen“, erklärt Robert Wieland. „Es geht darum, dass Menschen sich öffnen und einen Blick in ihr Denken ermöglichen. So lässt sich fundiert und gezielt ergründen, was sie zu bestimmten Meinungen bringt oder zu bestimmten Handlungen antreibt. Wer nur Kästchen in einem Fragebogen ankreuzt, lässt davon kaum etwas erkennen.“
Der Chatbot, den i2a entwickelt hat, unterscheidet sich fundamental von dieser herkömmlichen, wenig aussagekräftigen und fehleranfälligen Methode: Er „versteht“, was Menschen sagen, kann darauf eingehen, entsprechende Rückfragen stellen und so einen völlig lebensecht wirkenden Live-Chat führen. Basis dafür ist eine cloudbasierte KI, die Fragen und Antworten in Sekundenbruchteilen auswertet und individuell darauf reagiert. Ein solcher Dialog lässt sich über einen PC oder jede Art von Mobilgerät führen. Verschiedene Kontrollmechanismen sorgen dabei für die Sicherheit, dass am Endgerät tatsächlich ein Mensch ist und nicht ebenfalls ein „Bot“.
Gespräch, Analyse und Erkenntnis als Handlungsgrundlage
Was diese Innovation alles kann, ist verblüffend: Nicht nur, dass der Nutzer das Gefühl hat, mit einem echten Menschen zu kommunizieren – die KI filtert aus dem erhaltenen Wust von Informationen auch Themen heraus, klassifiziert und sortiert sie und erkennt Zusammenhänge sowie Prioritäten. Auf diese Weise liefert sie ein lückenloses, differenziertes Psychogramm der jeweiligen Zielpersonen und zeigt klar Motivatoren oder Barrieren für die persönliche Entscheidungsfindung und das eigene Handeln auf. Jeder Dialog wird ausgewertet und die ergiebigsten Dialoge werden zur Erweiterung des KI-Wissens genutzt. Auf dieser Basis können zum Beispiel Unternehmen eng fokussiertes Marketing betreiben, können Ärzte erkennen, was ihre Patienten tatsächlich bewegt, oder Finanzberater ihren Kunden fundierte persönliche Empfehlungen geben.
Schon jetzt steht das System in rund 100 Sprachen zur Verfügung – derzeit in schriftlicher Form, wobei die Teilnehmer auch die Diktierfunktion ihres Handys nutzen können. Geplant ist aber auch eine phonetische Spracherkennung – dann kann man sich mit dem Chatbot sogar über Sprachnachrichten austauschen. Eine ebenfalls geplante Erweiterung: Wenn der oder die Befragte zustimmt, lassen sich per Webcam zusätzlich Mimik, Gestik und Tonfall während des Dialogs analysieren.
Auch dank der tatkräftigen Mithilfe der Kreissparkasse München Starnberg Ebersberg sieht also alles nach einem erfolgreichen Start-up aus. „Die Zusammenarbeit ist einfach ein Traum“, sagt Robert Wieland überschwänglich, „vor allem die Offenheit und Ehrlichkeit im Umgang. Mit Frau Lettmair können wir jederzeit auf Augenhöhe reden. Besser geht es nicht.“