
Gegründet wurde die:haptiker GmbH 1996 von zwei angehenden Produktdesignern noch während ihres Studiums an der Münchner Fachhochschule: Jörg Ostenrieder und Tom Wolf. Etwas später kam als dritter Gesellschafter ihr Kommilitone Patrick Scholl hinzu. „Seitdem halten wir durch dick und dünn zusammen“, sagt Tom Wolf und betont: „So was ist heutzutage selten.“
Die ersten Erfolge kamen schnell
Alle drei Gründer sind fest in ihrer Heimat Oberbayern verwurzelt; der in Schäftlarn geborene Ostenrieder kann seine direkte Herkunft sogar über viele Generationen zur „Bäuerin in der Wies“ Maria Lory nachverfolgen – diese erlebte 1738 ein Tränenwunder, das zur Gründung der berühmten Wieskirche (UNESCO-Welterbestätte) führte. Schäftlarn war dann auch der erste Firmensitz des jungen Unternehmens. „Wir wollten damals nur anfangen zu arbeiten“, erinnert sich Jörg Ostenrieder, „aber zum Glück brauchten wir wenigstens kaum Startkapital: Leistungsfähige PCs und Software, das hat für den Anfang gereicht.“
Die kleine Firma fand sehr bald Kundinnen sowie Kunden, wuchs schnell und gewann sogar viele renommierte Preise für gelungenes Produktdesign. Am Anfang standen Investitionsgüter, unter anderem für Siemens. Bald erweiterte sich das Portfolio auf Komponenten für die Automobilindustrie – insbesondere Scheinwerfer und Rückleuchten. Grundsätzlich jedoch sind die:haptiker in fast jedem Produktbereich zu Hause. „Wir machen alles außer Mode“, lautete die Devise. In der Folge wurde die Belegschaft größer, wanderte der Firmensitz nach München und schließlich ins Gewerbegebiet Taufkirchen, wo die:haptiker GmbH noch heute beheimatet ist.
Unabhängigkeit – der große Traum
In den letzten Jahren machten sich dann zunehmend Negativtrends bemerkbar: Die einst sprudelnden Aufträge nahmen teilweise ab und zudem wurde der Kampf um Kundschaft durch wachsende Konkurrenz aus Osteuropa immer härter. 2020 kam auch noch die Corona-Krise hinzu, die der Konjunktur insgesamt einen herben Schlag versetzte.
Aber kreative Köpfe geben so schnell nicht auf – also beschlossen die:haptiker, ein eigenes Produkt zu entwickeln und zu vermarkten, um ein für allemal unabhängig zu sein. „Mein Traum bestand darin, ein Produkt zu entwickeln, das einen lebenslang begleiten kann“, erklärt Jörg Ostenrieder, der als treibende Kraft hinter der Idee steht. Er hatte schon mit zwölf Jahren sein Talent als Tüftler ausgetobt – seine erste Erfindung war eine halbautomatische Ostereier-Malmaschine, die sogar funktionierte.
Nach langem Grübeln kam der Geistesblitz
Im Sommer 2021, inmitten der Corona-Krise, bescherte ihm die Wirtschaftsflaute wieder viel Zeit zum Nachdenken. Und eines Tages kam der Geistesblitz: Ein universelles Stecksystem für die Logistikbranche, mit dem sich ganz nach Bedarf variable Boxen und andere Behälter als Transportmittel zusammenbauen und immer wieder beliebig ändern lassen. Das war die ursprüngliche Intention. Ostenrieder setzte sich an seinen PC, entwarf erste Prototypen und druckte diese mit dem 3D-Drucker seines Sohnes im Maßstab 1:10. Damit war die Grundform des Systems geschaffen.
Bis daraus ein serienreifes Produkt wurde, war es allerdings noch ein längerer Weg. „Der größte Knackpunkt bei der Entwicklung waren die Verbindungsriegel“, sagt Ostenrieder. „Ich habe lange hin und her überlegt, bis ich das Grundprinzip gefunden habe.“ In konsequenter Teamarbeit haben die:haptiker dann die Lösung detailliert: Ein einrastender Verschluss mit Schieberiegel, mit dem sich die Paneele ohne Werkzeug und ohne jeden Kraftaufwand sicher verbinden lassen. Die Bauelemente lassen sich zueinander um 240 Grad klappen und man kann sie beliebig oft auseinandernehmen, wieder verbinden sowie zu neuen Formen umbauen.
boxxtool ist so universell wie stabil
Im Endeffekt kam schließlich etwas heraus, das den eigentlich angedachten Einsatzzweck weit übertraf. Mit boxxtool, wie die Neuentwicklung getauft wurde, lässt sich so gut wie alles konstruieren: Campmobil-Ausbauten, Spielburgen, Fahrradträger, Regale, Liegen, Stühle, Tische, Treppchen, Sportgeräte und vieles mehr. Ja, auch Container und andere Transportsysteme – so wie anfangs geplant. Nach drei Monaten intensiver Tüftelei war Jörg Ostenrieder von der Erfindung so überzeugt, dass er sie international zum Patent anmeldete.
boxxtool wartet mit einigen Besonderheiten auf: So werden alle Komponenten im Spritzguss aus einem einzigen Material – Polypropylen – gefertigt. Dadurch sind sie feuchtigkeitsresistent, lebensmittelecht, federleicht, aber enorm stabil, haben die Spielzeugzulassung einschließlich „spiel gut-Siegel“ und sind zu 100 Prozent recyclingfähig. Die Belastbarkeit demonstrierte Ostenrieder in einer TV-Sendung des Mitteldeutschen Rundfunks, indem er ein Unimog-Allradfahrzeug mit den Hinterrädern auf zwei boxxtool-Würfel fuhr – und die hielten das Gewicht von 800 Kilogramm tatsächlich aus.
Produziert wird konsequent in Bayern
Großen Wert legen die:haptiker auch darauf, dass die gesamte Herstellungskette und die Logistik in Bayern verbleiben. In China zum Beispiel ließen sich die Teile sicher billiger produzieren, aber damit würde man unter anderem die Kontrolle über Qualität und Umweltverträglichkeit aus der Hand geben. Deshalb fiel die Wahl auf die Altendorfer Kunststofftechnik GmbH in Neureichenau (Bayerischer Wald), die alle Produktionsschritte unter einem Dach vereint. „Ein großartiger Partner, mit dem die Zusammenarbeit wirklich Spaß macht“, betont Ostenrieder. „Für uns ist die hundertprozentige Herstellung in Bayern positiv gelebter Patriotismus.“
Der Erfolg dieser Strategie gibt ihm recht: Seit Mitte 2024 ist boxxtool auf dem Markt. Es war auf Anhieb ein Verkaufserfolg und es gab bislang weniger als 0,5 Prozent Beanstandungen – ein Rekordwert, wie man bei der Firma die:haptiker betont. Der Vertrieb erfolgt über einen eigenen Online-Shop und Partnerfirmen. Großkundinnen und -kunden werden auch direkt beliefert.
Derzeit besteht das boxxtool-System aus drei verschiedenen quadratischen und rechteckigen, gelochten und geschlossenen Elementen mit unterschiedlichen Kantenlängen, die sich nach Bedarf mit verschiedenen Dekorflächen verkleiden lassen.
Auf die Kreissparkasse war immer Verlass
Als Anschubfinanzierung für den Marktstart bekamen die:haptiker auf Anhieb die staatliche FuE-Förderung (FuE steht für Forschung und Entwicklung). Das will etwas heißen – und es überzeugte auch die Kreissparkasse München Starnberg Ebersberg, bei der die Firma seit Anbeginn ihr Konto hat: Bis zur Auszahlung wurde der Förderbetrag pragmatisch und unbürokratisch vorfinanziert.
Die Zusammenarbeit mit der Kreissparkasse reicht noch viel weiter zurück als zur Firmengründung – bei Jörg Ostenrieder sogar bis zum Tag seiner Geburt vor knapp 53 Jahren, als ihm die Eltern ein Sparbuch mit auf den Lebensweg gaben. Die hervorragende Partnerschaft und das persönliche Verhältnis beeindrucken ihn bis heute: „Die Kreissparkasse war und ist immer für uns da, hat uns auch in der Corona-Krise sehr geholfen. In all den Jahrzehnten hatten wir privat und geschäftlich insgesamt nur vier Ansprechpartner – eine solche Kontinuität in der Kundenbeziehung findet man nicht oft.“
Der heutige Betreuer Florian Fink, stellvertretender Leiter des Firmenkundencenters, sieht es genauso: „Wir wissen es sehr zu schätzen, dass wir uns immer auf Augenhöhe begegnen. Da besteht ein großes gegenseitiges Vertrauen; das Unternehmen informiert uns stets selbstständig und frühzeitig über aktuelle Neuerungen und die jeweiligen Strategien. Besser kann eine Partnerschaft nicht sein.“