Dr. h.c. Nikolaus Walther, 1. Stellv. Vorsitzender des Vorstands der Stiftung Kulturerbe Bayern, Uta Buggisch, Unternehmenskundenberaterin bei der Kreissparkasse München Starnberg Ebersberg, Dipl.-Ing. Ursula Scriba, Vorsitzende des Vorstands der Stiftung Kulturerbe Bayern

Seit Jahrhunderten ist das Ensemble des Berggasthofs Streichen und der gleichnamigen Kirche (offiziell „Sankt Servatius“) ein weithin beliebtes Pilger- und Ausflugsziel und heute ein Wahrzeichen des Bergsteigerdorfs Schleching – mit einer Ausstrahlung weit über den Chiemgau hinaus. Dort oben, in 800 Meter Höhe, eröffnet sich ein atemberaubender Blick auf die umliegende Gebirgslandschaft: Geigelstein, Kampenwand, Hochgern und in der Ferne die Zacken des Wilden Kaisers bilden ein Panorama, das seinesgleichen sucht.

Der Erhalt des Ensembles war „ein Sechser im Lotto“

Über viele Jahrzehnte wurde der Berggasthof Streichen von der Familie Strohmayer bewirtschaftet, bis der letzte Wirt Franz Strohmayer im November 2020 unerwartet verstarb. Seine Geschwister Hans und Anneliese konnten den Betrieb nicht weiterführen, sodass sie nach einer Lösung suchten, wie der Berggasthof ganz in der alten Tradition erhalten bleiben könne. Bald schon gründete sich die Initiative „Streichenfreunde“ und die gewannen für dieses Vorhaben zwei Institutionen, die Verantwortung übernahmen: Gemeinsam erwarben die Stiftung Kulturerbe Bayern und die Yvonne und Thomas Wilde Familienstiftung im Juli 2021 den Berggasthof. Damit war der entscheidende Wendepunkt markiert – Staatsminister Markus Blume, der unter den Gästen der Hebauffeier war, sprach von einem Glücksfall und verglich ihn gar mit einem „Sechser im Lotto“.

Mit dem Ziel, den einzigartigen Wert dieses historischen Ortes zu bewahren und diesen für die kommenden Generationen wieder erlebbar zu machen, startete die Stiftung Kulturerbe Bayern die Instandsetzung des Gebäudes. Den Berggasthof technisch und energetisch auf den neuesten Stand zu bringen und zugleich behutsam in seiner historischen Substanz zu erhalten, waren die Herausforderungen bei diesem Projekt. Den barocken Originalanstrich der Fassade konnten die Handwerkerinnen sowie Handwerker wieder freilegen – und dieser bestimmt nun die Neufassung: „Sofern das Wetter mitspielt und wir keinen allzu schneereichen Winter bekommen, sollte es mit der Neueröffnung im Frühjahr 2026 klappen“, freut sich Ursula Scriba, Vorsitzende des Vorstands der Stiftung Kulturerbe Bayern.

Dahinter steht breites bürgerschaftliches Engagement

Die Stiftung Kulturerbe Bayern wurde im November 2018 von acht Gründungsstifterinnen sowie -stiftern ins Leben gerufen und hat sich dem Ziel verschrieben, „eindrucksvolle gebaute und gewachsene Zeugnisse der Geschichte zu retten“, wie es auf der Homepage von Kulturerbe Bayern heißt. Zusammen mit dem bereits 2015 gegründeten, gemeinnützigen Verein Kulturerbe Bayern e.V. bildet die Stiftung die Initiative KULTUR ERBE BAYERN, die als bayerischer „National Trust“ – nach britischem Vorbild – ein breit aufgestelltes, bürgerschaftliches Fundament schaffen möchte, um Kulturgüter aktiv für die Zukunft zu erhalten. Der Verein führt verschiedene Veranstaltungen durch, wirbt Mitglieder an, während die Stiftung die finanziellen Ressourcen liefert, plant, baut und Eigentümerin der betreuten Objekte ist: „Zusammen möchten wir den Menschen Mut machen, Denkmäler zu erhalten“, betont Ursula Scriba. „Dabei geht es darum, das Gemeinschaftsgefühl zu stärken und staatliches Engagement durch bürgerschaftliches zu ergänzen.“

Die Anregungen für neue Schützlinge kommen von vielen Seiten, oft sind es Menschen, die sich um die Zukunft eines historischen Orts in ihrem nahen Lebensumfeld sorgen. Nicht immer und nicht jedes Objekt kann von der Stiftung in Obhut genommen werden. Es gilt abzuwägen und zu bewerten: Kriterien sind unter anderem der landschaftsprägende Charakter, die historische Bedeutung und der Denkmalwert der Objekte – auch als zusammengehörendes Ensemble, wie es beim Berggasthof Streichen und der Sankt-Servatius-Kirche der Fall ist. Gerade für dieses Projekt haben sich zahlreiche Bürgerinnen sowie Bürger begeistert und mit ihren Spenden geholfen, das Vorhaben in die Tat umzusetzen.

Die Vielfalt des baukulturellen Erbes abdecken

„Ein weiterer Aspekt bei der Auswahl ist, die Vielfalt des baukulturellen Erbes abzubilden“, erklärt die Vorsitzende des Stiftungsvorstands. „Mit dem Haus Judengasse 10 in Rothenburg ob der Tauber haben wir zum Beispiel ein 600 Jahre altes Stadthaus in unsere Obhut übernommen und wieder ins Leben zurückgeholt. Es dokumentiert ein Stück jüdischer Glaubens- und Lebenskultur im späten Mittelalter. Durch das Engagement der Stiftung und des Vereins Kulturerbe Bayern wird dieser Ort nun zu einem neuen kulturellen Treffpunkt. „Ebenso wird auf die regionale Verteilung geachtet: Auf lange Sicht ist es das Ziel von KULTUR ERBE BAYERN, in jedem bayerischen Regierungsbezirk mindestens ein erhaltenswertes Denkmal in Obhut zu haben und es für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Hat sich einmal eine geeignete Kandidatin oder ein geeigneter Kandidat gefunden, ist die Initiative zusammen mit ihren Unterstützerinnen sowie Unterstützern stets mit vollem Engagement und Herzblut dabei. „Im Laufe der Zeit entwickeln wir eine emotionale Bindung zu unseren Projekten, fast wie Eltern zu ihren Kindern“, bringt es Dr. Nikolaus Walther, erster stellvertretender Vorsitzender des Vorstands der Stiftung Kulturerbe Bayern, auf den Punkt.

Vorhaben dieser Größenordnung zu finanzieren, stellt eine beachtliche Herausforderung dar. Dank eines großherzigen Mäzens in der frühen Gründungszeit der Stiftung gewann diese über das eigentlich eher geringe Grundkapital hinaus viel Handlungsspielraum. Um sich weiter in dieser Form engagieren zu können, gehört es zu den wichtigen Aufgaben der Stiftung, weiter Menschen zu gewinnen, die sich in unterschiedlicher Form finanziell für den Erhalt des baukulturellen Erbes in Bayern einsetzen und auf diese Weise bei der Stiftung Kulturerbe Bayern mitwirken möchten.

Günstige Finanzierungshilfe dank der Kreissparkasse

Betreut wird das Stiftungskapital seit über drei Jahren von der Kreissparkasse München Starnberg Ebersberg. Diese hilft auch bei der Beschaffung zusätzlicher Mittel: Im Fall des Berggasthofs Streichen konnte die Stiftung über die Kreissparkasse ein zinsgünstiges Darlehen der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) aufnehmen, das zur energieeffizienten Sanierung verwendet wird. Wenn deren einwandfreie Durchführung von einer Energieberaterin oder einem Energieberater bestätigt wird, erhält die Stiftung einen Tilgungszuschuss von 25 Prozent des aufgenommenen Darlehensbetrags – es müssen also nur 75 Prozent zurückgezahlt werden. Kundenbetreuerin Uta Buggisch freut sich schon jetzt auf den erfolgreichen Abschluss des Projekts. Ihr Fazit: „Es ist einfach schön, so ein Kulturgut zu begleiten.“