Der Weg in die Selbständigkeit ist nicht für jeden jungen Erwachsenen selbstverständlich – für Menschen mit Behinderung beispielsweise. Gleichwohl ist der Auszug von Zuhause in eigene vier Wände ein wichtiger Schritt und irgendwann auch meist ein ebenso großer Wunsch.

Dieses Bedürfnis deckt ein Wohnkonzept, welches nun seit mehr als 30 Jahren auch im Landkreis München etabliert ist. Der Verein Gemeinsam Leben lernen e.V. hat den Gedanken der inklusiven Wohngemeinschaft konsequent zu ende gedacht und umgesetzt. Und das in einer Zeit, in der noch niemand etwas mit dem Begriff „inklusiv“ anfangen konnte.

Selbstbestimmt und demokratisch

In den einzelnen Wohngemeinschaften leben meist neun Erwachsene, fünf davon mit einer geistigen Behinderung. Jede Person bewohnt ein individuell gestaltetes Einzelzimmer und alle leben auf Augenhöhe gleichberechtigt und selbstbestimmt nach ihren persönlichen Vorstellungen. „Natürlich ist dieses Zusammenleben auch geprägt von vielen Kompromissen,“ sagt Eva Meyer, die Leiterin der Wohnbereiche “aber die Regeln werden demokratisch in der jeweiligen Gemeinschaft aufgestellt – ein Prozess, der wichtig für die Entwicklung und das Miteinander ist.“

Miteinander ist überhaupt das Stichwort für das Zusammenleben, denn es wird gemeinsam eingekauft, gekocht, der Haushalt geführt, gelebt. Alle beteiligen sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten an den anfallenden Aufgaben im Haushalt. Freizeit und sogar kleine Urlaube werden gemeinsam geplant und verbracht.

Eine der sieben Wohngemeinschaften ist in Gräfelfing

„Hier findet eben ganz normales Leben statt,“ so Meyer weiter. Alle Mitglieder der Wohngemeinschaft gehen einem Beruf, einer Beschäftigung bzw. einer Ausbildung oder einem Studium nach. Die nichtbehinderten Bewohnerinnen und Bewohner sind dabei nicht zur Betreuung Teil der WG, sondern unterstützen ehrenamtlich. Sie übernehmen beispielsweise Aufgaben, die andere nicht ausüben können und verbringen Zeit in und mit der Gemeinschaft. Zusätzlich werden die Wohngemeinschaften jeweils noch von einer sozialpädagogischen Fachkraft (WG-Leitung) und einer Helferin im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) unterstützt, die nicht Teil der WG sind.

Ein Lastenpedelec erleichtert nun die Organisation

Natürlich muss bei einer so großen WG vieles gut organisiert sein, zum Beispiel auch der Wocheneinkauf. So entstand die Idee, ein Lasten-Pedelec anzuschaffen. Gesagt – getan. Mit 4.000 Euro Unterstützung durch die Stiftung der Kreissparkasse für den Landkreis München hielt im Frühsommer 2022 ein solches Pedelec in die Wohngemeinschaft in Gräfelfing Einzug. „Das gewählte Modell Christiania Model S erlaubt auch die Beförderung mobilitätseingeschränkter Personen der WG,“ stellt Florian Fister, Abteilungsleiter Vorstandsstab/Öffentlichkeitsarbeit bei der Kreissparkasse und Geschäftsführer der Stiftung erfreut fest „da wurde nicht nur an den Einkauf gedacht, sondern auch darüber hinaus! Lohnender kann eine Investition kaum sein.“

Das Lasten-Pedelec ist seitdem ständig im Einsatz und dient als Kutsche für Mitwohnende, Einkaufswagen oder auch mal als Transporthilfe von schwererem Gepäck bei Ausflügen.

Wer mehr über die besonderen Wohngemeinschaften erfahren möchte, oder auch selber an einem Platz Interesse hat, der findet alles Wissenswerte auf der Homepage des Gemeinsam Leben Lernen e.V.