Bereits ein Jahr ist vergangen, seit die Corona-Pandemie auch in Deutschland mit Wucht über Wirtschaft und Gesellschaft hereinbrach. Ein Blick zurück auf die volkswirtschaftlichen Herausforderungen der vergangenen zwölf Monate.

Es war eine historische Zäsur, die nicht nur hierzulande, sondern weltweit die Wertschöpfungsketten und das Verhalten von Verbrauchern und Unternehmen nachhaltig veränderte. Der Blick zurück zeigt: Zwar geht es heute einigen Unternehmen alles andere als gut, doch gleichzeitig haben die deutsche und weltweit viele andere Volkswirtschaften eine erstaunliche Robustheit gegenüber den Erschütterungen an den Tag gelegt.

Vor allem das Zusammenwirken von Geld- und Fiskalpolitik in Deutschland und im Euroraum leistete Historisches. Für Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, hat dieses Zusammenspiel eine noch tiefere Rezession verhindert und setzt nun deutliche Wachstumsimpulse für die Zukunft. Das ermöglicht den allermeisten Ländern einen wirtschaftlichen Neustart nach der Pandemie.

Dabei kann die positive Botschaft nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Gesamtjahresbilanz des Corona-Jahres 2020 schlecht ausfällt: Es gab einen Rückgang der weltweiten Wirtschaftsleistung von 3,8 Prozent, was etwa 7 Billionen US-Dollar entspricht. Anteilig würde dies ein Minus der deutschen Volkswirtschaft in Höhe von 270 Milliarden Euro bedeuten. „Diesen Wert als Gesamtkosten der Corona-Pandemie abzuleiten, wäre aber falsch. Das ganze Spektrum der Krise lässt sich schwer in Kennzahlen ausdrücken“, betont Kater.

Die Kosten tragen mehrere Generationen

Denn zu den unterlassenen Investitionen kämen unter anderem Abschreibungen aus dem Kapitalstock, etwa durch insolvente Unternehmen oder überholte Kapazitäten zum Beispiel im Reisesektor. Die Corona-Pandemie trägt also ein exorbitantes Preisschild. Nicht nur in Gestalt vieler Menschenleben, gesellschaftlicher und politischer Belastungen, sondern auch wirtschaftlich-materiell. Zu einem Teil werden diese Kosten wohl von den gegenwärtigen Generationen getragen, zu einem weiteren von den künftigen.

Das betrachtet auch Reinhold Rickes, Leiter Volkswirtschaft beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV), mit Sorge. Denn die expansive Geld- und Fiskalpolitik zur Unterstützung der jeweiligen Volkswirtschaften löst allmählich Unsicherheit über die monetäre Stabilität aus. Zwar hätten die Maßnahmen geholfen, Abwärtsspiralen etwa aus Betriebsschließungen, Entlassungen und Konsumverzicht zu verhindern, doch bis mindestens Ende 2023 müssten die zahlreichen Erleichterungen für die Real- und die Kreditwirtschaft noch beibehalten werden.

Herausforderung Staatsverschulden

Langfristig gelte es nach diesem enormen keynesianischen Stabilisierungsprogramm wieder die Schuldentragfähigkeit herzustellen. Denn die Staatsverschuldung klettert weltweit etwa auf 99,5 Prozent (2021). Bei den Industrieländern lag die Verschuldungsquote sogar bei 122,7 Prozent und könnte in diesem Jahr auf 124,9 Prozent klettern. Dabei reicht die Spanne von 258,7 Prozent in Japan (2021) bis 53 Prozent in Korea. Von den großen Ländern im Euroraum ist Italien (159,7 Prozent) besonders exponiert, Deutschland am geringsten (69,9 Prozent).
Deka-Chefvolkswirt Kater betont, dass auch eine Staatsverschuldung Grenzen habe, selbst wenn die jeweilige Notenbank den Rücken stärke. „Staatshaushalte dürfen nicht so aufgestellt sein, dass sie nur bei Null- und Negativzinsen überleben können“, so Kater. Die gegenwärtigen Anstiege der Inflationsraten im Euroraum stellten noch keine Inflation dar, so der Volkswirt. Die Europäische Zentralbank solle daher „den Ausstieg aus ihrer ultraexpansiven Geldpolitik mit ruhiger Hand planen und sich nicht von vorübergehenden Zahlen treiben lassen.“

Quelle: fondsmagazin.de